News aus Rodyna

News aus dem Frauenhaus

Als klar war, dass ich am Mittwoch vorbeikommen würde, waren alle in Rodyna total aufgeregt. Man bekommt dort nicht jeden Tag Besuch – und schon gar nicht aus Österreich. Meistens ist der Besuch unliebsam, größtenteils männlich, ein ehemaliger Partner einer Klientin und er hat entweder Alkohol  oder Morddrohungen im Gepäck. Oft auch beides. Zumindest aber einen ganzen Haufen Beleidigungen.

Bei mir war der Kofferraum voll mit Spielsachen, Naschsachen, Kleidung – und Geld war natürlich auch im Gepäck. Silvia, eine unserer Teilnehmerinnen, hat den Erlös des Fotomarathons mit einer Spende auf 500 Euro aufgerundet. Zusätzlich hatte ich noch von der Frau, die mich damals mit den Damen von Rodyna bekannt gemacht hatte, 350 Euro dabei.  Danke an dieser Stelle nochmal an alle, die mir beim Fotomarathon geholfen haben – die Teilnehmer, die Freiwilligen und die Spender!

Überschwänglich war auch der Empfang – es sind sofort alle hinausgestürmt und haben mich herzlich empfangen. Viktoria, die Leiterin; Maria, ihre Mitarbeiterin und Viktorias Sohn Volodymyr hatten bereits auf mich gewartet und freuten sich sehr, mich wiederzusehen.

Besuch im psychosozialen Zentrum Rodyna
Besuch im psychosozialen Zentrum Rodyna. Links außen Leiterin Viktoria, rechts außen ihre Kollegin Maria; in der Mitte zwei Klientinnen mit ihren Kindern.     Foto: Volodymyr Lukovych

Die Hausapotheke war schon leer; ein Bett kaputt

Das Geld kam zur richtigen Zeit. Viktoria und Maria erzählten mir, dass die Hausapotheke schon leer sei. Sie hatten einfach kein Geld mehr für einfache Medikamente wie Aspirin und Co. Die Medikamente sind im Vergleich zum Durchschnittsgehalt nicht wahnsinnig günstig und in ganz schlimmen Monaten steuern Viktoria und Maria auch von ihrem Gehalt, so sie es denn überhaupt bekommen, noch etwas bei. Immer ist ihnen das aber auch nicht möglich. Auf die Frage, was sie sonst noch mit dem Geld anzufingen wüssten, hatten sie gleich einige Ideen: sie erzählten mir, dass erst vor wenigen Tagen ein Bett zusammengebrochen sei. Auf ihm lag eine schwangere Frau. Mutter und Baby sind glücklicherweise wohlauf, aber mit dem Bett sei nichts mehr zu machen. Da muss ein neues her.

Auch müsste wieder einmal ein bisschen renoviert werden. „Ausmalen werden wir wieder selber“, hat mir Viktoria erklärt. Bereits vor ein paar Jahren hatten sich die beiden Frauen in ihrer Freizeit und von ihrem privaten Geld ins Frauenhaus gestellt und die Pinsel geschwungen. Das Resultat war wunderschön – ich hätte die Einrichtung beim vorletzten Besuch fast nicht wiedererkannt. Der Hintergrund allerdings traurig: vom Staat fließt für das Zentrum meist wenig, manchmal sogar gar kein Geld. Besonders die ohnehin nicht sonderlich hohen Gehälter der beiden starken und engagierten Frauen sind davon öfters betroffen. Bewundernswert ist, mit welchem Idealismus sie trotzdem weitermachen. Und dieser Idealismus steckt an.

Wenn Jugendliche Mütter werden

Ich hatte leider kaum Zeit, mit den Klientinnen selbst zu sprechen. Viktoria erzählte mir, dass eine der beiden jungen Frauen bereits vier Kinder hatte – das erste hat sie ungefähr mit 15 Jahren bekommen; jetzt ist sie Anfang 20. Richtig schreiben und lesen hat sie nie gelernt; „die Buchstaben kennt sie schon, aber sie kann sie nicht richtig zu Worten zusammenfügen“, ergänzt Maria. Jetzt haben sie ihr einen Alphabetisierungskurs organisiert, damit sie sich selbst und vor allem auch ihren Kindern eine Perspektive im Leben schaffen kann. Dass es damit nicht allein getan ist, wissen auch Viktoria und Maria, „aber es ist ein erster Schritt“, sind sie sich einig.

Eine Nachricht von Viktoria, Maria – und auch von mir

Viktoria und Maria war es ein Anliegen, ganz Österreich zu grüßen und sich bei jedem herzlich bedanken zu lassen, der es möglich gemacht hat, dass das Geld zusammenkommt.  Da ich besser weiß, wer aller beteiligt war, übernehme ich mal die Dankesworte für sie: Danke an alle Freiwilligen – ganz besonders an meinen Vater, unsere Jury – allen voran Markus Gruber, der immer wieder neue Ideen einbringt und das fotografische Mastermind im Organisationsteam ist – alle Teilnehmer, allen, die den Fotomarathon publik machen, allen Sponsoren und auch allen, die mich in der „heißen Phase“ zwei Wochen vor und zwei Wochen nach dem Fotomarathon ertragen und sich mit mir nicht immer etwas ausmachen können.

Die beiden Damen würden sich sehr freuen, mehr Besuch aus Österreich zu bekommen. Sie würden uns gerne durch die Stadt führen (wie schön Ternopil‘ ist, seht ihr im nächsten Posting in einigen Tagen – stay tuned!) und mit uns Ausflüge machen. Vielleicht organisiere ich nächstes Jahr eine private Reise in die Ukraine, auf die ich auch interessierte Leute mitnehme. Wenn jemand Interesse hätte, mit mir mitzureisen, freue ich mich über eine Rückmeldung – sollte es dahingehend keine Interessenten geben, dann denke ich nicht so viel an.

 

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